Die Leiche trieb im Pool. Ihre Augen starrten in den Himmel. Hauptkommissar Gauweiler starrte in den Ausschnitt der Witwe. Deren Telefon klingelte. Sie antwortete in einer Sprache, die er nicht verstand. Russisch oder polnisch, schätzte er. Er warf einen Blick über die Brüstung hinunter aufs Tal und fragte sich, wie der Tote an eine Baugenehmigung in dieser Lage gekommen war. Die Frau legte auf. „Der Elektriker“, entschuldigte sie sich. „War Ihr Mann ein guter Schwimmer?“, fragte Gauweiler. Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augenwinkeln und löste ihre Haarspange. Ihre blonden Haare fielen ihr bis zur Hüfte. „Er drehte jeden Morgen seine Bahnen hier. Manchmal sogar vor Sonnenaufgang. So bereitete er sich auf seine Fälle vor“, sagte sie.
Richtig. Der Mann arbeitete beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Das erklärte wahrscheinlich die Baugenehmigung. Aber nicht, wie er zu so einer Frau kam. Gauweiler seufzte. Manche hatten eben Glück. „Schwamm er heute Morgen auch so früh?“, fragte er. In dem Moment ging die Poolbeleuchtung an. Gauweilers Partner Trapp spielte auf der anderen Seite des Beckens an der Schaltanlage herum. „Was machen Sie da?“, rief die Witwe. „Lassen Sie das!“ „Sorry“, rief Trapp und drückte einen Knopf. Die Unterwasserstrahler begannen zu pulsieren. Trapp schlug mit der flachen Hand auf einen Knopf nach dem anderen, bis sich die Anlage wieder abschaltete. „Sorry, Chef“, sagte er zu Gauweiler und hob die Handflächen nach oben. „Ich wollte nur sehen, ob so ein Blubberteil eingebaut ist. Wir sind auch gleich fertig.“
Gauweiler zog den Reißverschluss des Leichensacks zu. Die Frau schluchzte erneut auf. Gauweiler reichte ihr ein Taschentuch. „An was hat Ihr Mann zur Zeit gearbeitet?“, fragte er. „Irgendetwas über ein Gaskartell“, sagte sie. Russisches Gaskartell, vermutete Gauweiler, verkniff es sich aber, sie danach zu fragen. Als er sich von der Witwe verabschieden wollte, stolperte er über deren Einkaufskorb. „Entschuldigung. Tut mir wirklich leid“, sagte er und bückte sich, um Bücher, Gemüse und Pralinen wieder einzusammeln. „Ich mach das schon“, sagte die Frau und schob ihn zur Seite. „Bitte gehen Sie jetzt.“
„Was für eine Granate“, sagte Trapp zu Gauweiler, als sie im Auto saßen. „Ich frage dich“, sagte der und ließ den Motor an, „warum liest so eine Frau ein Buch über epileptische Paviane?“ „Vielleicht sucht sie ein geeignetes Haustier?“ Gauweiler verzog das Gesicht. „Ruf lieber deine Freundin, diese Neurologin, an.“ Er warf seinem Kollegen das Handy zu. „Diese Viecher“, sagte Trapp, als er das Gespräch beendet hatte, „kriegen einen Anfall, wenn sie flackerndes Licht sehen. Gibt’s beim Menschen auch. “Gauweiler trat auf die Bremse. „Du meinst flackernd wie bei pulsierenden Unterwasserstrahlern?“ Trapp musterte ihn. „Ein epileptischer Anfall beim Schwimmen…Du meinst, sie hat das geplant?“ Gauweiler fuhr zurück zur Villa.