Ich stehe am Gepäckband am Frankfurter Flughafen und warte auf die schwarze Dreiunddreißig. Darauf habe ich von weitem meinen Koffer erspäht. Zum achtzehnten Geburtstag nahm mich mein Vater mit ins Casino. Er gab mir fünfzig Mark und sagte, wenn du es verspielt hast, gehen wir wieder. Er wollte mir eine Lektion in Wahrscheinlichkeitsrechnung erteilen. Ich setzte das ganze Geld auf die schwarze Dreiunddreißig und gewann. Für den Rest des Abends war mein Vater leicht verstimmt.
Gerade ist die Neunundzwanzig vorbeigeruckelt. Eine Urlauberin rote Regenjacke und Rucksack auf beugt sich über einen ebenfalls roten Hartschalenkoffer. Noch fünf Zahlen. Schräg gegenüber schiebt sich eine junge Asiatin zwischen zwei Geschäftsleute und greift nach ihrem Gepäck. Ihre Haare glänzen wie schwarze Seide.
Die Eins kommt um die Ecke. Das Licht der Deckenlampen lässt das rote Feld geradezu erglühen. Die Dreiunddreißig folgt, aber kein Koffer. Ich schaue mich um. Fast schon am Ausgang sehe ich die Asiatin, wie sie einen silbrigen Rollkoffer hinter sich herzieht. Ich laufe ihr nach. Entschuldigung, rufe ich, aber natürlich reagiert sie nicht. Ich überhole sie und blockiere ihr den Weg. Erschrocken schaut sie mich aus schwarzen Mandelaugen an. Ich frage sie, ob sie vielleicht den Koffer verwechselt hat, ob ich mal das Namensschild sehen darf, rede auf sie ein, merke wie ich rot werde, so rot wie ihre Lippen.
I’m sorry, I don’t speak German, sagt sie. Da fällt mir der Aufkleber mit den japanischen Schriftzeichen auf. Also doch nicht mein Koffer.
Ich hebe entschuldigend die Hände. Sie will weitergehen, gleich ist sie verschwunden und im unsere Zeitlinien trennen sich wieder. Mein Vater fällt mir ein, wie er mich stets ermahnte, einen kühlen Kopf zu behalten.
A drink?, frage ich die Frau. A drink?, wiederholt sie. Ich nicke eifrig. Dann fängt sie an zu lachen. Sure, a drink, why not, sagt sie und wir gehen gemeinsam durch die Zollkontrolle.