Salomé

Das Bild sieht wie der abgeschlagene Kopf einer japanischen Geisha aus. Es steht kein Titel daneben, aber eine Preisliste liegt aus. Ich vermute, es handelt sich um das Bilderpaar „Nacht & Tag #1“, zumindest hängt ein komplementäres Bild daneben.

Ich blende den Tag allerdings aus und konzentriere mich ganz auf die Nacht und die nachtschwarze Haare, spüre die nachtschwarze Seele der Salome daneben. Ich kann sie fast greifen, wie sie sich über den abgeschlagenen Kopf beugt, fast zärtlich danach greift, Blut an ihren weißen Händen, in einem Gewand, das auch einer Geisha zu Ehren gereicht hätte, zumindest in der Version von Beardsley.

So schön tropft das Blut in Beardsleys Vorlage vom Tisch, mischt sich nahtlos mit den langen Haaren Johannes des Täufers. Eine Zinkätzung, lese ich. Wie harsch das klingt, wie sanft es wirkt. So schneewittchenhaft das Gesicht, so besessen der Blick der Salome.

War es Eifersucht oder einfach nur Mordlust? Oder wollte sie sehen, wer sich durchsetzt: der schöne Täufer oder sie?

Gemälde – Carmen Hillers, Ausstellung im Hotel Daily Fresh, Harburg
Figur der Salomé – nach Aubrey Beardsley

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