Ich befinde mich im elften Stock eines Hotels und schaue auf einen blau-gelb leuchtenden Glasquader. Ringsherum winterbraune Bäume und die Flachdächer der Büroriegel mit den üblichen Aufbauten wie Ventilatoren, Abluftschächten und Antennen.
Die Unterkante der Wolken setzt sich nahtlos in der Fassade des Quaders fort. Es sieht aus, als ob die Wolken direkt durch das Gebäude hindurchziehen.
Es muss sich um eine Spiegelung handeln, denke ich. Aber das kann nicht sein. Denn dann müsste ja das Wolkenbild hinter mir genau zu dem vor mir passen. Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Bleibt nur eine Möglichkeit: Die Wolken ziehen durch das Gebäude hindurch.
Ich stelle mir vor, wie die Wolken links die Glasfront durchdringen und die ersten Schreibtische streifen. Ein Bildschirm ist noch im Licht, der andere befindet sich bereits im Nebel. Ein Gesicht ist noch unberührt, das andere steckt bereits mittendrin. Ein paar Tautropfen auf der Stirn hier, ein feuchter Notizblock da. Kaum einer merkt’s. Schließlich sind die meisten Wolken, wenn man erstmal drin steckt, so dünn, dass man sie bestenfalls als leichte Eintrübung wahrnimmt.
Ein bisschen wie das Leben. Wenn man nicht genau hinschaut, bleibt auch nicht viel hängen. Und es ist viel schneller durch, als man gucken kann.
Langsam wird es Nacht und aus dem Quader wird ein Skelett aus Lichtquadraten. Eigentlich auch ganz hübsch – und irgendwie beruhigend, nicht länger den Wolken nachstarren zu müssen.