Plus 5 Minuten steht auf der Anzeige, als ich in meine Butterbrezel beiße. Als ich das nächste Mal aufblicke, hat sich die Anzeige auf plus 15 Minuten verändert. Ich beginne zu rechnen. Mit der planmäßigen Umsteigezeit in Kassel-Wilhelmshöhe wird es knapp. Schließlich muss ich das Gleis wechseln und dafür einmal quer durch den Bahnhof laufen.
Ein Student beklagt sich, er habe extra die Vorlesung sausen lassen, um diesen Zug zu erwischen. Ein wenig wundert es mich, dass sich ein Student fürs Schwänzen entschuldigt, trotzdem nicke ich verständnisvoll. Eine Frau gesellt sich hinzu und überlegt laut, ob sie nicht doch besser den nachfolgenden Zug nimmt. Ich frage sie, ob sie umsteigen muss. Student und Frau schütteln gleichzeitig den Kopf. Dann, sage ich, würde ich den ersten Zug nehmen, der kommt.
Wir hängen eine Weile unseren Gedanken nach, dann bemerke ich, dass sich die Verspätung auf plus 40 Minuten erhöht hat. Ich weise meine kleine Reisegruppe, der ich mich in der Zwischenzeit zugehörig fühle, darauf hin. Aufstöhnen, Handy konsultieren, die Frau bietet an, in die Bahnhofshalle zurückzugehen und nachzufragen. Ich glaube zwar nicht, dass der Servicemitarbeiter ihr etwas anders sagen wird als die App, verspreche aber, in der Zwischenzeit auf ihr Gepäck aufzupassen.
Ihr Gesicht verrät es schon von Weitem. Es bleibt bei Plus 40, mindestens. Der Student stöhnt erneut auf. Nach einer kurzen Debatte, beschließen die beiden, mit mir in den nachfolgenden Zug zu steigen. Dort schließt sich eine weitere Frau unserer Unterhaltung an. Wir tauschen Informationen aus, suchen uns gegenseitig Verbindungen heraus und ordnen unser Gepäck so an, dass die mit der knappsten Umsteigezeit als Erste aussteigen können. Eigentlich ganz nett, denke ich, wie man sich spontan so unter die Arme greift.
In Kassel-Wilhelmshöhe erreichen wir tatsächlich den geplanten Anschluss. Ein wenig schäme ich mich dann dafür, dass ich mich auf meinen reservierten Platz setze, weitab von den anderen.
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