Ein Kerl singt mit sanfter Stimme, unaufgeregt wie die Gitarrenklänge, die ihn begleiten. Ein Ton nach dem anderen perlt in mein Ohr, sanftes Auf- und Abschaukeln auf ruhigem Meer, lauwarm, windstill, diesig-gelb, yellow love, mellow love, zu mehr reicht es nicht.
Man hört die Finger über die Stahlseiten gleiten, ein zufriedenes Glucksen, heile, laue Welt. Eine Frauenstimme mischt sich darunter, rankt sich um die Männerstimme.
Ich werfe einen Blick auf das Video. Zwei Menschen stehen sich außer Reichweite gegenüber, blicken teilnahmslos aneinander vorbei.
Sie beginnen sich auszuziehen, unaufgeregt, ohne Knistern, ohne dass sich der Taktschlag erhöhen würde. I see nothing but yellow love. Ich wende mich ab. Es ist schon etwas mehr notwendig, um wieder Farbe in diese Liebe zu bringen.
Er verspricht ihr, sich für sie zu verformen, I will mold myself just for you, die Melodie im Hintergrund plätschert unbeeindruckt weiter, lauwarm und fahlgelb. In züchtiger Unterwäsche stehen sich die beiden gegenüber. Immer noch auf Armlänge, halten beide plötzlich ein Messer in der Hand.
Zu den Klängen von love, my love, verstümmeln sie sich selbst, rammen sich das Messer in den Bauch. Ich will nicht zusehen, kann aber auch nicht wegsehen, love, my love, wieder und wieder sieht man, wie das Messer auf und abgeht, bis beide welke Blätter würgen und zu Boden sinken.
Erst dann wird der Blick auf den Leib freigegeben. Statt Blut quillt Efeu aus dem Bauch. Die Ranken wachsen, sprießen, wirbeln umeinander. Eine grüne Galaxie formt sich, während er den Frühling besingt.
Beide stehen sich wieder angezogen gegenüber, außer Reichweite, blicken teilnahmslos aneinander vorbei, als wäre nichts gewesen. Alles wie gehabt, alles nur ein Traum, doch zwischen ihnen: eine Sonnenblume.
Musik: Yellow Love von Citizen