Ich betrete das Lokal. Es ist groß, gleicht einem Dorf mit seinen Straßenlaternen und falschen Tannenbäumen. Die Geräuschkulisse bewegt sich auf Murmellautstärke, gerade genug, um sich nicht verloren vorzukommen und nicht so viel, dass man sich nicht mehr selbst denken hören kann. Obwohl das vielleicht von Vorteil wäre.
Ein Typ steht am Tresen, sein Blick rutscht kurz vom Monitor ab, er taxiert mich und wendet sich wieder dem Fußballspiel zu. Ich setze mich an einen Tisch in der Ecke, mit dem Rücken zur Wand, verschaffe mir einen Überblick. Fast nur Kerle, ein Kühlschrank mit Afri-Cola, ein weißer Pfeil auf grünem Grund zeigt den Fluchtweg an.
Auf einem Schild sind eine stilisierte Welle, Weizen und Hopfen sowie ein Herz zu sehen, steht für Selbstgebrautes, für Craft Beer. Wenn ich ein Schild für meine selbst verschuldete Situation malen müsste, würde es eine Fliege, eine Fensterscheibe und blühende Landschaften dahinter darstellen. Die Balkontür daneben wäre nur noch einen Spalt offen.
Ich blättere in der Karte, kann mich nicht entscheiden, wie so oft. Deswegen wähle ich den Bier-Test. Vier Biere in schlanken, handlichen Gläsern, drei helle, ein Dunkles, fast wie die Qual der Wahl, vor der ich stehe. Ich teste nacheinander.
Ich hätte es wissen sollen: Das klassische schmeckt mir am besten. Wenn es zum Schwur kommt, bin ich nicht sehr experimentierfreudig. Das Arctic Pale Ale ist nicht mein Fall.
Wenigstens habe ich jetzt Klarheit. Sorry, kann leider nicht kommen, texte ich und fühle mich sofort besser, vielleicht liegt es aber auch am Alkohol. Ich zahle und steure zielstrebig den Ausgang an.
Foto: Bier-Test in Gasthaus-Brauerei Alt-Giessen @GasthausbrauereiAltGiessen
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