Wie poetisch so eine eingeschlagene Heckscheibe doch aussehen kann. Grün geaderter Marmor, ein Holzschnitt auf japanischem Reispapier. Rote Adern ziehen sich hindurch wie Notenlinien, die Heizdrähte. Das schwarze Loch lässt es wie einen Bruch im Eis auf einem See wirken und rechts oben verwandelt sich das Batikbild in die Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Baumes.
Die Wirklichkeit ist weniger poetisch. Bei der geringsten Erschütterung bröckelt das Eis, splittert das Glas noch weiter und rieselt auf die Fahrbahn. Die Polizistin hat mir geraten, den Rest der Scheibe, den Zahnkranz um den Rahmen, mit der Hand einzudrücken. Sofort male ich mir die Verästelungen in blutrot aus, wenn ich mir dabei die Hand aufschlitze.
Die Scheibe, die bisher aus dem Rückspiegel betrachtet, bestenfalls dreckig braun verschmiert aussah, glitzert heute Morgen türkisfarben auf dem Asphalt, als ob jemand einen Sack Topase ausgeschüttet hätte.
Der ungeschützten Schlund meines Kofferraums gähnt mir entgegen. Schon seit Wochen befindet sich eine braune Tüte mit leeren Glasflaschen darin. Ob die mir ein Zeichen schicken wollten, dass es an der Zeit war, sie farbgerecht zu entsorgen?
Ein letzter Blick auf das zerknitterte Silberpapier. Vielleicht handelt es sich ja doch eher, um eine aluminiumfressende Algensorte, die sich rapide ausbreitet und unsere heimische Fauna bedroht. Es wird an der Zeit, die Reste loszuwerden. Vernunft schlägt Poesie, wie üblich.